Die Abenteuer von Otto Kemmerich

Kemmerich schwamm durch den Bodensee, von Husum nach Westerland, von Fehmarn nach Warnemünde und quer durch die Danziger Bucht.

Bild Otto Kemmerich im Gummianzug mit Mädchen
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Bild Otto Kemmerich der grosse Rechenschlüssel
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Otto Kemmerich im Badeanzug mit Handschuhen
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Otto Kemmerich war schon 33 Jahre alt, als er im Dezember 1919 seinen Job bei der Frisör-Innungskasse Hamburg aufgab, um sich ganz dem Schwimmen zu widmen. 1886 in Husum als Sohn eines Gendarms geboren, war er schon in seiner Kindheit in der wilden Nordsee geschwommen. Nun konnte er viel trainieren, weil er mit Büchern und Zahlentafel, mit denen man die Sozialversicherungsanteile ermitteln konnte, viel Geld verdient hatte.

So öde sein Dienst bei der Innung gewesen sein mag, so spektakulär waren seine Aktionen als Schwimmer. In der Alster tauchte er vor Publikum unter eine Eisdecke und ertrank beinahe, weil er das Einstiegsloch nicht wiederfand. Berühmt wurde er als „Wattenmeer-Odysseus“, als er 1924 ohne Begleitung eines Bootes von Husum nach Westerland schwamm, über NordstrandPellwormHoogeLangeneßFöhr und Amrum. Daraufhin wurde er Profi und ließ sich nun von Seebädern und Kurorten wie Wyk, Westerland, Spiekeroog oder Norderney als Touristenattraktion verpflichten.

Otto Kemmerich im Gummianzug am Strand
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Otto Kemmerich in Gruppe
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Ein Jahr später, 1925, schwamm er trotz eines Sturmes von Fehmarn nach Warnemünde, rund 62 Kilometer. Dabei hatte er nur etwas Schokolade und ein luftdichtes Marmeladenglas dabei, in das er einen Kompass und eine Seekarte eingearbeitet hatte. Danach nannten ihn die Zeitungen nur noch „Wunderschwimmer Kemmerich“. 1926 schwamm er als erster Mensch durch den Fehmarn-Belt und kassierte dafür eine hohe Prämie.

Ein Kieler Unternehmer finanzierte ihm 1926 die ersehnte Expedition zum Ärmelkanal. Kemmerichs Fall wurde dabei in der Weltpresse diskutiert, weil er mit gewebten Handschuhen schwamm und vor dem Start aus einer Sauerstoffflasche inhalierte. Auf Rekordkurs liegend, scheiterte er jedoch zwischen Calais und Dover, weil er, von einem Tümmler attackiert, förmlich aus dem Wasser flog und bewusstlos aus dem Wasser gezogen werden musste.

Otto Kemmerich in Menschenmenge
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Otto Kemmerich mit Robbe
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Otto Kemmerich altes Buch
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Otto Kemmerich mit Gruppe im Watt
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Otto Kemmerich im Gummianzug am Kai
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Otto Kemmerich mit Löwe
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Otto Kemmerich im Froschmann
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Inzwischen verdiente Kemmerich sein Geld ebenfalls als Werbefigur, indem er etwa einen Continental-Schwimmanzug trug. 1928 baute er seinen eigenen Ausdauer-Weltrekord aus, als er in einem Manege-Bassin im Zirkus Busch gegen einen von ihm dressierten Seelöwen in einem Duell Mensch gegen Tier antrat und 46 Stunden am Stück im Kreis schwamm. Nicht minder sensationell: seine Nummer mit einer ausgewachsenen Löwin, die er selbst dressiert hatte. Zwischen 1929 und 1938 führte er das Raubtier in Varietés in ganz Europa vor.

Otto Kemmerich Autogrammkarte
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Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Kemmerich ein paar Jahre als Chef der AOK Husum gewirkt, aber als er dort entlassen wurde, konzentrierte er sich wieder auf das Schwimmen. Er war bereits 66 Jahre alt, als er ankündigte, die 200 Kilometer lange Strecke von Esbjerg nach Husum die Westküste entlang zu schwimmen. In Husum lockte eine Prämie des Weinbrandhersteller Dujardin. Kemmerich kam in seiner Heimatstadt nie an. Als er am 11. August 1952 die Strecke von Sylt nach Amrum überwinden wollte, besiegte ihn die starke Tidenströmung. Kemmerichs Leiche wurde Tage später vor Utersum/Föhr entdeckt. Die älteren Leute auf Föhr erzählen bis heute, Kemmerich sei diese Etappe gemeinsam mit einem Seehund geschwommen. Der Seehund habe am Strand vergeblich auf ihn gewartet.

Erik Eggers: Der Mensch als Fisch. Die Abenteuer von Otto Kemmerich, Husumer Schwimmpionier, Verlag Eriks Buchregal, Kellinghusen 2020, 128 Seiten, Hardcover, ISBN 978-3-9818798-4-1, 16,90 Euro.

Portrait Erik Egger
© Sammlung Eggers
Otto Kemmerich Buchcover
© Verlag Eriks Buchregal

Erik Eggers (geb. 1968 in Hollingstedt/Schleswig) konzentrierte sich schon während seines Studiums in Kiel und Köln auf die Sportgeschichte. Seit zwei Jahrzehnten arbeitet er als freier Autor für Medien wie den Deutschlandfunk, den SPIEGEL oder die FAZ. Zudem publizierte er zahlreiche Bücher zur Sportgeschichte. Zuletzt veröffentlichte er, gemeinsam mit André Wiersig, „Nachts allein im Ozean. Mein Weg durch die Ocean’s Seven“.

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