Vom Herzensprojekt zum Herzensort
Die Zweite Heimat wurde 2014 eröffnet – gebaut von drei befreundeten Ehepaaren aus Hamburg und Stade, die zwar ein Hotel besitzen, aber nicht selbst führen wollten. „Und so kam ich ins Spiel“, erzählt Herbers, die zuvor sieben Häuser auf Norderney geleitet hatte. „Ich war sofort begeistert – vom Konzept, vom Standort, von den Menschen.“
Seitdem hat sich das Haus zu einem echten Lieblingsort an der Nordseeküste entwickelt. Im Dezember 2023 kam ein zweites Gebäude hinzu: das Landhaus, mit 22 neuen Zimmern, einer großzügigen Lobby und Spa-Bereich. „Natürlich war das eine Herausforderung“, sagt Herbers. „Wir mussten das Gefühl von Nähe und Geborgenheit erhalten, obwohl wir gewachsen sind. Aber es ist uns gelungen – unsere Gäste spüren das.“
Die Strategie des Hotels:
Wer der Zweiten Heimat auf Instagram folgt, kennt die kurzen, liebevoll gemachten Videos, in denen Helga Herbers und ihr Team auftauchen. Mal geht es um einen neuen Kuchen, mal um einen Mitarbeiter, mal einfach um die Stimmung am Meer. „Wir wollen unterhalten, nicht werben“, erklärt sie. Begonnen hat alles mit längeren Clips über Ausflugstipps – mittlerweile sind es kurze, stimmungsvolle Sequenzen mit echtem Unterhaltungswert. „Wir haben gemerkt: Authentisch sein funktioniert besser als perfekt sein.“ Das spüren auch die Gäste: „Wenn jemand sagt, ‚Sie sind doch die aus dem Internet‘ – dann weiß ich, dass unser Stil ankommt.“
Gedreht wird professionell, aber ohne Agentur-Show. Die Ideen entstehen beim Kaffee mit Eigentümer "Olo" Kohrs, gedreht werden an einem Tag gleich mehrere Spots. „Das Wichtigste ist, dass man sich selbst treu bleibt. Ich würde nie etwas zeigen, was ich später nicht halten kann. Kein Fünf-Sterne-Glanz, sondern echte Wohlfühlatmosphäre.“
Ein weiterer Erfolgsfaktor: Die Zweite Heimat erzielt über 80 Prozent Direktbuchungen – eine Zahl, von der viele Hoteliers träumen. „Wir sind immer ansprechbar“, sagt Herbers. „Unsere Rezeption ist rund um die Uhr besetzt. Und ja – manchmal bekommen wir noch handschriftliche Buchungsanfragen per Post.“
Während viele Betriebe auf Booking.com und Expedia setzen, spielt das für Herbers nur eine Nebenrolle. „Booking macht bei uns vielleicht acht Prozent aus. Der Rest läuft über unsere Website, per E-Mail oder telefonisch. Ich glaube, unsere Gäste schätzen, dass sie jemanden erreichen, der sie kennt.“
Neu hinzugekommen ist ein WhatsApp-Kanal, über den spontane Buchungslücken kommuniziert werden – ein Experiment, das bereits 500 Stammgäste nutzen. „Gerade für Kurzentschlossene aus Hamburg oder Schleswig-Holstein ist das ideal. Die sagen: Ach komm, das Wochenende ist frei, lass uns an die Nordsee fahren.“
Auf Preisaktionen setzt die Zweite Heimat bewusst sparsam. Zwar gibt es Frühbucherrabatte oder Gutscheine, doch Herbers lehnt das Prinzip der „Rabattschlacht“ ab. „Ich will die Zweite Heimat nicht unter Wert verkaufen. Wir bieten hohe Qualität, unsere Mitarbeiter werden fair bezahlt – das ist unser Anspruch.“
Mit dieser Haltung grenzt sie sich klar ab: „Natürlich gibt es Häuser, die im Winter Dumpingpreise anbieten. Aber das zieht oft Gäste an, die nur das Schnäppchen suchen. Die kommen einmal – und nie wieder. Ich will Gäste, die unser Haus lieben, nicht unseren Preis.“
Bei der Vermarktung setzt Herbers auf Qualität statt Quantität – auch bei Influencer-Kooperationen. „Wir hatten schon tolle Partner, wie das ‚Förde Fräulein‘ – die hat das Haus wunderbar inszeniert. Aber es gibt eben auch viele, die nicht zu uns passen.“
Von Pauschalkampagnen großer Reiseveranstalter hält sie wenig. „Wir waren früher mal im TUI-Katalog. Das würde ich nicht wieder machen. Solche Knebel-Kooperationen passen nicht zu uns.“ Dafür steht sie Kooperationen auf regionaler Ebene offen gegenüber: „Alles, was der Nordsee hilft, hilft auch uns. Ob gemeinsame Kampagnen oder Veranstaltungen – Hauptsache, es zeigt, dass hier auch im Winter was los ist.“
Zwischen Hoodie und Herz
Vielleicht ist das das Geheimnis der Zweiten Heimat: Sie bleibt sich treu. Keine Uniformen, keine steifen Rituale – stattdessen Hoodie und Handschlag, Herzlichkeit und Humor. „Unsere Gäste sind so, wie wir sind – bodenständig, naturverbunden, offen. Ich glaube, deshalb passen wir so gut zusammen.“ Und obwohl das Hotel gewachsen ist, hat es seinen Charakter behalten. „Wir sind größer geworden, ja. Aber nicht unpersönlicher. Die Gäste merken das sofort.“
Wenn Helga Herbers durch die Lobby geht, jemand sie anlächelt und bemerkt, dass man Herbers durch Social Media kennt, dann weiß sie, dass das Konzept funktioniert – nicht nur im Sommer, sondern gerade im Winter.


Fazit: Wärme, die bleibt
Die Zweite Heimat zeigt, dass Auslastungsoptimierung mehr ist als Zahlen und Buchungstools. Es geht um Haltung, Atmosphäre und Authentizität. Um das Gefühl, willkommen zu sein – selbst, wenn der Sturm über die Nordsee fegt.
Oder, wie Helga Herbers es sagt: „Ich will, dass die Gäste hier ankommen und das Gefühl haben, sie können einfach sein. Ohne Programm, ohne Druck. Nur sie, das Meer – und ein bisschen Me-Time.“