• Portrait von Helga Herbers
    © Hotel Zweite Heimat - René Supper

Wie das Hotel Zweite Heimat in St. Peter-Ording den Winter zur Hochsaison macht

Die Magie der stillen Tage

Wenn draußen der Wind an den Dünen rüttelt, das Meer aufschäumt und der Sand wie feines Puder durch die Luft wirbelt, beginnt für Helga Herbers die schönste Zeit des Jahres. „Viele unserer Gäste entdecken erst im Winter, was sie im Sommer gar nicht finden – Ruhe, Weite und ganz viel Zeit für sich selbst“, sagt die Direktorin des Hotels Zweite Heimat in St. Peter-Ording.

Das Haus liegt direkt hinterm Deich, mit Blick auf die Nordsee, und trägt seinen Namen zu Recht. Wer hier ankommt, spürt sofort: Es geht um Ankommen, ums Wohlfühlen, ums Sein. Kein übertriebener Luxus, sondern ehrliche Gastlichkeit, warmes Licht, natürliche Materialien – und Menschen, die mit Leidenschaft Gastgeber sind.

Vom Herzensprojekt zum Herzensort

Die Zweite Heimat wurde 2014 eröffnet – gebaut von drei befreundeten Ehepaaren aus Hamburg und Stade, die zwar ein Hotel besitzen, aber nicht selbst führen wollten. „Und so kam ich ins Spiel“, erzählt Herbers, die zuvor sieben Häuser auf Norderney geleitet hatte. „Ich war sofort begeistert – vom Konzept, vom Standort, von den Menschen.“

Seitdem hat sich das Haus zu einem echten Lieblingsort an der Nordseeküste entwickelt. Im Dezember 2023 kam ein zweites Gebäude hinzu: das Landhaus, mit 22 neuen Zimmern, einer großzügigen Lobby und Spa-Bereich. „Natürlich war das eine Herausforderung“, sagt Herbers. „Wir mussten das Gefühl von Nähe und Geborgenheit erhalten, obwohl wir gewachsen sind. Aber es ist uns gelungen – unsere Gäste spüren das.“

  • EIn Paar kuschelt sich auf ein Sofa und ist mit einer gemütlichen Decke zugedeckt
    © Hotel Zweite Heimat - René Supper

Wenn die Saison Pause macht – und trotzdem läuft

Mit dem Ausbau wuchs auch die Verantwortung: 22 Zimmer mehr, die gefüllt werden wollen – auch in der Wintersaison. Denn während im Sommer Touristen, Kitesurfer und Familien die Strände bevölkern, zieht im Winter Stille ein. Eine Zeit, die für viele Hoteliers schwierig ist.

Für Helga Herbers aber liegt genau darin die Chance. „Wir haben Gäste, die kommen bewusst im Januar. Sie wollen die Leere, die Ruhe, den Wind. Sie lieben es, am Strand zu stehen, wenn die Wellen hochschlagen – und danach am Kamin zu sitzen.“

Im Marketing betont das Hotel daher nicht Rabatte, sondern Erlebnisse: die „Teezeit am Nachmittag“ mit hausgemachtem Gebäck, ein Kaminplausch, ein kleiner Gutschein für die Spa-Bar. „Das sind keine teuren Aktionen“, sagt Herbers. „Aber sie zeigen Wertschätzung. Und sie schaffen das, was Gäste sich im Winter wünschen: Wärme – im doppelten Sinn.“

Wer der Zweiten Heimat auf Instagram folgt, kennt die kurzen, liebevoll gemachten Videos, in denen Helga Herbers und ihr Team auftauchen. Mal geht es um einen neuen Kuchen, mal um einen Mitarbeiter, mal einfach um die Stimmung am Meer. „Wir wollen unterhalten, nicht werben“, erklärt sie. Begonnen hat alles mit längeren Clips über Ausflugstipps – mittlerweile sind es kurze, stimmungsvolle Sequenzen mit echtem Unterhaltungswert. „Wir haben gemerkt: Authentisch sein funktioniert besser als perfekt sein.“ Das spüren auch die Gäste: „Wenn jemand sagt, ‚Sie sind doch die aus dem Internet‘ – dann weiß ich, dass unser Stil ankommt.“

Gedreht wird professionell, aber ohne Agentur-Show. Die Ideen entstehen beim Kaffee mit Eigentümer "Olo" Kohrs, gedreht werden an einem Tag gleich mehrere Spots. „Das Wichtigste ist, dass man sich selbst treu bleibt. Ich würde nie etwas zeigen, was ich später nicht halten kann. Kein Fünf-Sterne-Glanz, sondern echte Wohlfühlatmosphäre.“

Ein weiterer Erfolgsfaktor: Die Zweite Heimat erzielt über 80 Prozent Direktbuchungen – eine Zahl, von der viele Hoteliers träumen. „Wir sind immer ansprechbar“, sagt Herbers. „Unsere Rezeption ist rund um die Uhr besetzt. Und ja – manchmal bekommen wir noch handschriftliche Buchungsanfragen per Post.“ 
Während viele Betriebe auf Booking.com und Expedia setzen, spielt das für Herbers nur eine Nebenrolle. „Booking macht bei uns vielleicht acht Prozent aus. Der Rest läuft über unsere Website, per E-Mail oder telefonisch. Ich glaube, unsere Gäste schätzen, dass sie jemanden erreichen, der sie kennt.“ 
Neu hinzugekommen ist ein WhatsApp-Kanal, über den spontane Buchungslücken kommuniziert werden – ein Experiment, das bereits 500 Stammgäste nutzen. „Gerade für Kurzentschlossene aus Hamburg oder Schleswig-Holstein ist das ideal. Die sagen: Ach komm, das Wochenende ist frei, lass uns an die Nordsee fahren.“

Auf Preisaktionen setzt die Zweite Heimat bewusst sparsam. Zwar gibt es Frühbucherrabatte oder Gutscheine, doch Herbers lehnt das Prinzip der „Rabattschlacht“ ab. „Ich will die Zweite Heimat nicht unter Wert verkaufen. Wir bieten hohe Qualität, unsere Mitarbeiter werden fair bezahlt – das ist unser Anspruch.“ 
Mit dieser Haltung grenzt sie sich klar ab: „Natürlich gibt es Häuser, die im Winter Dumpingpreise anbieten. Aber das zieht oft Gäste an, die nur das Schnäppchen suchen. Die kommen einmal – und nie wieder. Ich will Gäste, die unser Haus lieben, nicht unseren Preis.“

Bei der Vermarktung setzt Herbers auf Qualität statt Quantität – auch bei Influencer-Kooperationen. „Wir hatten schon tolle Partner, wie das ‚Förde Fräulein‘ – die hat das Haus wunderbar inszeniert. Aber es gibt eben auch viele, die nicht zu uns passen.“ 
Von Pauschalkampagnen großer Reiseveranstalter hält sie wenig. „Wir waren früher mal im TUI-Katalog. Das würde ich nicht wieder machen. Solche Knebel-Kooperationen passen nicht zu uns.“ Dafür steht sie Kooperationen auf regionaler Ebene offen gegenüber: „Alles, was der Nordsee hilft, hilft auch uns. Ob gemeinsame Kampagnen oder Veranstaltungen – Hauptsache, es zeigt, dass hier auch im Winter was los ist.“

  • Eine Person steht an den Salzwiesen St. Peter-Ording und schaut auf den Westerhever Leuchtturm
    © Hotel Zweite Heimat - René Supper

Die Nordsee im Winter – eine unterschätzte Schönheit

Herbers’ Wunsch: dass mehr Menschen die Nordsee im Winter entdecken. „Viele denken, hier ist alles zu. Dabei ist das völliger Quatsch. Es gibt Restaurants, kleine Veranstaltungen, tolle Lichtstimmungen – und das Meer gehört einem fast allein.“ Sie erzählt von einem Sonntagmorgen im Sommer, an dem sie um halb sechs an den Strand ging: „Die Sonne ging auf, kein Mensch war da. Ich hab ein Video gemacht und es gepostet – die Reaktionen waren überwältigend. Viele schrieben: Das will ich auch mal erleben.“

Für Herbers ist das der Kern guter Kommunikation: Sehnsucht wecken. „Zeig den Menschen, wie schön der Winter ist – mit Wind, mit Sturm, mit Licht. Dann kommen sie auch.“

Zwischen Hoodie und Herz

Vielleicht ist das das Geheimnis der Zweiten Heimat: Sie bleibt sich treu. Keine Uniformen, keine steifen Rituale – stattdessen Hoodie und Handschlag, Herzlichkeit und Humor. „Unsere Gäste sind so, wie wir sind – bodenständig, naturverbunden, offen. Ich glaube, deshalb passen wir so gut zusammen.“ Und obwohl das Hotel gewachsen ist, hat es seinen Charakter behalten. „Wir sind größer geworden, ja. Aber nicht unpersönlicher. Die Gäste merken das sofort.“ 
Wenn Helga Herbers durch die Lobby geht, jemand sie anlächelt und bemerkt, dass man Herbers durch Social Media kennt, dann weiß sie, dass das Konzept funktioniert – nicht nur im Sommer, sondern gerade im Winter.

Fazit: Wärme, die bleibt

Die Zweite Heimat zeigt, dass Auslastungsoptimierung mehr ist als Zahlen und Buchungstools. Es geht um Haltung, Atmosphäre und Authentizität. Um das Gefühl, willkommen zu sein – selbst, wenn der Sturm über die Nordsee fegt.

Oder, wie Helga Herbers es sagt: „Ich will, dass die Gäste hier ankommen und das Gefühl haben, sie können einfach sein. Ohne Programm, ohne Druck. Nur sie, das Meer – und ein bisschen Me-Time.“

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    © Wolfgang Diederich

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